Roselyne Titaud
Visites

Ausstellungsort: Torhäuser
Eröffnung: Donnerstag, 23. Januar 2014, 19 Uhr

Roselyne Titauds fotografische Interieurs bestechen durch ihre elegante Schlichtheit. Unaufgeregt richten sie das Augenmerk auf Möbel wie Lampen, Wandschränke und Küchenboards, dazwischen zahlreiche Gebrauchsgegenstände als zauberhaft komponierte Arrangements. Mit ihren atmosphärischen Stillleben erkundet Titaud den privaten Wohnraum, zeigt persönliche Erinnerungstücke und Funktionsutensilien, den sorgsam eingerichteten Alltag einer individuell gewachsenen Dinglandschaft. Stuhl, Bett und bestickte Kissen bieten hierbei Einblicke in die Wohnräume unbekannter Personen, fungieren als Indizien zugrundeliegender Vorlieben und verleiten den Betrachter zur Spurensuche. Mal sachlich neutral, mal sinnlich die Lichtdramaturgie niederländischer Genremaler zitierend, offenbaren die Kompositionen einen stillen Blick in menschenleere Räume, in denen die Absenz der Bewohner die Gegenstände umso deutlicher zum Sprechen bringt.
Der Fotografin geht es dabei jedoch nicht um das Ausspähen des Privaten, oder gar um bildlichen Voyeurismus. Vielmehr zeichnet sich ihre Arbeit durch ein Moment der Kontemplation aus, das ausschließlich den abgebildeten Gegenständen und ihren Beziehungen zueinander gewidmet ist. Titauds Raumarrangements erkunden die Stofflichkeit von Oberflächen, die Materialität von Formen und Farben und loten die Spannung zwischen den Gegenständen aus. Faltenwurf, Flokati, Vorhang als Gegensätze unterschiedlichster stofflicher Erscheinungsformen werden zusammengeführt zu einem homogenen Essemble der Kontraste.

In seinem theoretischen Manifest „Siebensachen. Ein Buch über die Dinge“, beschrieb der Kultur- und Designhistoriker Gert Selle den Stellenwert von Objekten über ihre funktionale Bedeutung hinaus als den einer Reflexionsfläche, in der sich das Individuum seiner eigenen Identität vergewissere: „Die Haut der Dinge ist ein Spiegel, in den wir manchmal schauen, um uns selber zu erkennen (…). Unversehens brechen die Dinge ihr Schweigen, indem sie uns mit uns selber konfrontieren“ (Selle 1997).
Auch Titauds poetische Stillleben zeigen keine unbelebte, stumme Dingwelt. Als intimer Blick auf das Nahe, Vertraute, und Unscheinbare öffnen sie einen Raum voller Magie und verborgener Verbindungen, beleben die Anschauung des Betrachters.

Roselyne Titauds Einzelausstellung im Museum für Photographie präsentiert den bislang umfassendsten Einblick in das Werk der Fotografin und zeigt Arbeiten aus zwei Werkabschnitten. Während die früheren Interieurs aus Frankreich ausschließlich Innenräume zeigen, die von den Spuren eines gelebten Daseins gekennzeichnet sind, zeigen die neueren, in Titauds aktueller Wahlheimat Berlin entstanden Interieurs auch Einblicke in die Wohnlandschaften und Selbstrepräsentationen einer jüngeren Generation. Begleitend zur Ausstellung ist Roselyne Titauds titelgebendes Künstlerbuch „Visites“ im Kehrer Verlag Heidelberg erschienen.

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Mit freundlicher Unterstützung des Büros für Bildende Künste des Institut français und dem französischem Ministerium für Kultur und Kommunikation.