Ausstellungsort: Torhäuser (17.10.-28.12.2014) und Ausstellungshalle Hamburger Straße 267 (17.10.-11.12.2014)
Öffnungszeiten (Torhäuser Helmstedter Str. 1+ Ausstellungshalle Hamburger Str. 267): Di – Fr 13 – 18 Uhr, Sa + So 11 – 18 Uhr
Eröffnung: 16.10.2014, 19 Uhr, in der Ausstellungshalle Hamburger Straße 267
(English version down below)
Der amerikanische Fotograf Camilo J. Vergara dokumentiert seit über 40 Jahren die Spannung in den von Armut gekennzeichneten Problemvierteln amerikanischer Metropolen. Dabei berichtet er von den Symptomen sozialer Konflikte und macht das Auseinanderdriften der amerikanischen Gesellschaft in seinen kontinuierlichen Langzeitstudien für den Betrachter erfahrbar. Wie wohl keinem zweiten zeitgenössischen Fotografen ist es Vergara hierbei gelungen, die Transformationsprozesse des städtischen Wandels sichtbar zu machen. Als visueller Spurenleser, fotografischer Soziologe, Ethnograf und Stadtforscher hat er ein einzigartiges Archiv amerikanischer (Stadt-)Geschichte geschaffen, welches die Veränderung und Auflösung von Stadtteilgemeinschaften belegt.
Seit den frühen 1970er Jahren untersucht Vergara Prozesse der Ghettoisierung und Gentrifizierung in Harlem, der Bronx und Brooklyn, aber auch den Verfall und die Verslumung ganzer Städte wie Detroit. Seine Fotografien betrachten hierbei systematisch einzelne Bereiche des Einflusses und der Auswirkungen von Arbeitslosigkeit, Rassendiskriminierung und sozialer Perspektivlosigkeit. “I prowl the entire city in search of local forms of the elements that define the new ghetto: caretaking institutions, NIMBYs, ruins, graphic expressions, fortification, and enclaves.”
In seinem Bildband American Ghetto (1995)führt Vergara seine fotografische Herangehensweise und Intension vertiefend aus: “I developed a methodology to capture a monumental urban transformation underways.“
Als Langzeitstudie angelegt, in der der Fotograf über Jahrzehnte hinweg an dieselben Orte wiederkehrt und deren Veränderung über einen längeren Zeitraum hinweg dokumentiert, bezeugen Vergaras Bilder den historischen Städtewandel. Sein überbordendes, exzessives Werk vitalisiert hierbei nachhaltig und mit gleichbleibend hoher Intensität die Grundprämissen der sozialen Dokumentarfotografie. Ausgehend von einem Verständnis als Anwalt für die sozial Schwachen, als einem fotografischen Botschafter, der bildliche Belege über die Ereignisse in der Welt sammelt und seinen Mitbürgern vor Augen führt, entwickelte Vergara die beschriebene Methodik, in der er Fotografie und soziologische Studie in Einklang bringt. Doch seine Fotografien bieten weitaus mehr als eine Dokumentation architektonischer Oberflächen. Das entstandene monumentale Bildarchiv visualisiert Codes und Riten und legt mit seinen bildlichen Zeugnissen Markierungen, Verhaltensweisen und soziale Grenzen im Prozess des städtischen Wandels aus den mittlerweile „klassischen“ Problemvierteln der USA offen.
Im Juli 2013 wurde Vergara für seine Verdienste mit der National Humanity Medal gewürdigt, eine Auszeichnung, die der amerikanische Präsident erstmalig an einen Fotografen verlieh. Im September 2014 erwarb die Library of Congress Arbeiten Vergaras, um sie für das nationale Gedächtnis der Nation zu bewahren.
Die Einzelausstellung »Tracking Time – Documenting America’s Post-Industrial Cities« des 1944 in Chile geborenen, seit den 1970er Jahren in New York lebenden Fotografens stellt dessen außergewöhnliches fotografisches Werk erstmalig in einer institutionellen Einzelausstellung in Deutschland vor. Mit 180 Abzügen wird die Ausstellung Einblicke in die faszinierenden Stadtbetrachtungen und in die Geschichte amerikanischer Stadtentwicklungsdebatten bieten. Die Bildauswahl greift hierbei unterschiedliche Schwerpunkte seines Oeuvres im Sinne eines „best of Vergara“ auf.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation im Kerber Verlag mit Texten von Dr. Gisela Parak (Museum für Photographie Braunschweig), Camilo José Vergara und Helena Zinkham (Library of Congress, Washington D.C.).
Gefördert durch
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For the last 40 years, photographer Camilo José Vergara has been documenting the tensions in deprived neighborhoods in major U.S. American cities. He has examined the divergence of American society and accounted for the symptoms of social conflicts. A reader of visual tracks, a photographic sociologist, ethnographer and urban researcher, Vergara has created a vast, impressive archive of American urban history, which spells out the changes and the dissolution of district communities.
Investigating processes of ghettoization and gentrification in Harlem, the Bronx and Brooklyn, as well as observing the decay of entire cities like Detroit, Vergara’s photographs elucidate on the impact of unemployment, racial discrimination and social prospects. Conceived as long-term studies, in which the photographer returns to the same places to document their changes, his photographs point out the changing features of municipal places.
Vergara’s unique methodology, merging photography and sociology, thereby finds expression in his understanding of photography and is underscored by his reading of the cities’ architectural surfaces: “I prowl the entire city in search of local forms of the elements that define the new ghetto: caretaking institutions, NIMBYs, ruins, graphic expressions, fortification, and enclaves.” (Vergara: American Ghetto, 1995) Creating a historic collective memory, his photographs visualize the cities’ codes and rites and reveal patterns, designations, and social limitations that have occurred since the last four decades.
Thus, as no other contemporary photographer before him, Vergara has succeeded in making processes of urban transformation visible. In July 2013, he was awarded the National Humanity Medal by President Obama, which makes him the first photographer to ever receive this award. In fall 2014, the Library of Congress acquired a greater selection of his work to preserve for the national memory.
The exhibition “Tracking Time – Documenting America’s Post-Industrial Cities”, taking place at Museum for Photography Brunswick in October 2014, presents Vergara’s exceptional work in his first solo exhibition in Germany. With 180 prints, the exhibition will provide insights into his intriguing study of American urban history.
Camilo José Vergara was born in Chile in 1944, moved to the U.S. in the 1970s and has been living in New York City ever since.
An exhibition catalogue will be published by Kerber with texts from Gisela Parak (Museum für Photographie Braunschweig), Camilo José Vergara and Helena Zinkham (Library of Congress, Washington D.C.).