Die rätselhaften Bildfindungen und phantastischen Inszenierungen der britischen Künstlerin Clare Strand (1973*) zitieren unterschiedliche soziale und wissenschaftliche Gebrauchsweisen der Fotografie, doch nicht auf eine akademische, sondern auf eine sehr freie, ironische Weise. Ihre Fotografien und Videos in Schwarzweiß zeigen, wie sehr unsere kulturelle Imagination durch die Erfahrung des Fotografischen geprägt ist, und spielen mit der Evidenz des Sichtbaren, welche die Fotografie als vermeintlich treue Repräsentation von Wirklichkeit vor sich herträgt.
Nur wenige Zeichen scheinen zu genügen, manchmal nur eine bestimmte unerklärliche Perspektive, damit die Fotografie einen leeren Ort gänzlich in einen Tatort verwandelt. Aus unzähligen Krimis ist uns dieses Szenario vertraut. Doch wer legte die Indizien in den Tatortfotos aus Strands Serie „Signs of a Struggle“? Hier ist die Fotografin der objektivierenden Rhetorik der forensischen, kriminalistischen Fotografie auf der Spur.
Die Serien „Unseen Agents“ und „Conjurations“ hingegen erweisen den spiritistischen und parawissenschaftlichen Traditionen des Mediums seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ihre Referenz. Die Geister-, Fluidal- und Strahlenfotografie gab rätselhaften Erscheinungen, die sich ansonsten dem menschlichen Auge entziehen, eine spektakuläre Existenz im Bild – nicht selten ohne den kleinen, trickreichen Umweg einer Mehrfachbelichtung. In den Arbeiten von Clare Strand findet die nebelhafte „Aura“ einer porträtierten Person ebenso ihren materiellen Niederschlag, wie auch die Schwerkraft in der wunderlichen „Levitation“ eines jungen Mädchens aufgehoben erscheint. Nicht zuletzt aus der Tatsache, dass die Fotografie das Bild eines Apparates ist, beziehen manche Versuchsanordnungen der Wissenschaft ihre Legitimation – dieser Vertrauensvorschuss wird in Clare Strands Serien lustvoll dekonstruiert. Denn wer bürgt eigentlich für die Sinnhaftigkeit des Experiments und für die Interpretation der Resultate?
Clare Strand gehört somit zu jener Generation von jungen Fotografinnen und Fotografen, die sich weniger an den Stars der eigenen Zunft und den großen Referenzen der fotografischen Kunstgeschichte abarbeiten, sondern sich vielmehr mit der Kulturgeschichte der Fotografie auseinandersetzen. Es ist kein Zufall, dass am „Ende der analogen Ausformung der Fotografie“ nun das poetische Potential unserer Moderne in den „armen und niederen“ Formen dieses Mediums entdeckt wird. Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Museum Folkwang Essen und mit Unterstützung des British Council.
Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Museum Folkwang Essen und mit Unterstützung des British Art Councils.
Ort: Museum für Photographie e.V.
Helmstedter Straße 1, 38102 Braunschweig, info@photomuseum.de, Tel. 0531/75000
Öffnungszeiten: Di-So 13-18 Uhr