alle Abbildungen: © Laurence Bonvin, aus der Serie “ On the Edges of Paradise“, 2005/06
Die Ausstellung „On Location“ (vor Ort / am Drehort) der Schweizer Fotografin Laurence Bonvin (*1967) gibt einen ersten Rückblick in Deutschland auf ihre verschiedenen Serien und Projekte, die sich mit den fortschreitenden Formen der Suburbanisierung und Zersiedlung von Landschaft auseinandersetzen. Ihre künstlerische Haltung steht in der Tradition der „skeptischen Landschaften“, einer Sichtweise, die seit der Ausstellung der „New Topographics“ in Rochester 1975 zu einem eigenen, kritischen Genre der Landschaftsfotografie geworden ist.
Einen zentralen Platz in dieser Ausstellung nimmt Laurence Bonvins Projekt „On the Edges of Paradise“ ein. Im Umland der Megapole Istanbul fotografierte sie 2005/06 eine Reihe von „Gated Communities“, von umzäunten und bewachten Wohnsiedlungen, in denen sich wohlhabende Kreise der türkischen Gesellschaft niedergelassen haben, um unter ihres gleichen zu leben, als privilegierte Parallelgesellschaften. Die Fotografin analysiert die Struktur dieser Siedlungen von innen, ihre stereotypen Einfamilienhäuser mitsamt Gärten, Garagen und Swimmingpools, und zeigt ihre Abschirmung nach außen, dabei bedient sie sich einer distanzierten, formal präzisen Darstellungsweise. So arbeiten ihre Fotografien die Konstruktion einer heilen Welt heraus, in der das „Andere“, das Unheimliche der nahen Großstadt ausgeblendet erscheint, und führen uns zugleich, ohne simple Anklage, unseren eigenen Wunsch nach Sicherheit und Ordnung vor Augen.
In ihren unterschiedlichen Arbeiten hat Laurence Bonvin nicht nur das erweiterte Themenfeld der urbanistischen Diskussion der letzten Jahre mit in den Fokus genommen, sie hat auch der nüchtern registrierenden Sichtweise einer topografischen Dokumentarfotografie eine subjektive, hermeneutisch offene Dimension der Betrachtung zur Seite gestellt: Wie wirkt sich die funktionalistische Architektur unserer Städte auf die Wahrnehmung der Menschen aus, welchen Platz nimmt der Bewohner in ihr überhaupt noch ein? Dafür finden die Fotografien der Serie „As a One-Eyed Little Owl“ eine visuelle Entsprechung, indem sie die modernen „Unorte“ durch das nächtliche Kunstlicht in rätselhafte Schauplätze verwandeln. Mit Porträtaufnahmen aus Meyrin, einem Vorort von Genf, betreten Jugendliche einer multikulturellen Gesellschaft das „Setting“ dieser Ausstellung. Wie die Protagonisten eines Films streifen sie durch die ehemals modernen, gebauten Utopien der Vorstädte und verleihen den längst schon verwitterten Versatzstücken der 1970er Jahre-Betonarchitektur ein Gesicht.
Ort: Museum für Photographie e.V.
Helmstedter Straße 1, 38102 Braunschweig, info@photomuseum.de, Tel. 0531/75000
Öffnungszeiten: Di-So 13-18 Uhr